Antrag zum Digitaler Landeskongress

Antrag 302

Digitaler Landeskongress der Jungen Liberalen NRW
26.-27. Februar 2021


Antragsteller: Marc Bauer. Tabea Gandelheidt, Alexander Kobuss


Status: [  ] angenommen [  ] nicht angenommen [  ] verwiesen an: ___________________________

Der Digitaler Landeskongress möge beschließen:

1Klüngel ist kein Kavalierdelikt! Korruption wirksam
2ahnden.

3Demokratie lebt von dem Grundvertrauen seiner Bürger in die Rechtschaffenheit seiner

4gewählten Vertreter und der staatlichen Stellen. Die Gefahr von Korruption geht nicht nur von
5finanziellen, sondern auch von den ideellen Schäden für das Gemeinwesen aus. Ihr
6entschlossen entgegenzuwirken, muss wichtiges Anliegen der Politik sein.

7Korruption beginnt nicht erst mit dem Koffer voller Bargeld, der für Gefälligkeiten gezahlt wird.

8Wo immer aus sachfremden Gründen sich oder einem Dritten Vorteile verschafft werden, liegt
9korruptes Verhalten vor. Dass der oft hingenommene Klüngel kein annehmbares Procedere ist,
10muss immer wieder deutlich gemacht werden.

11Verfahrensstandards

12Das grundgesetzliche Gebot der Bestenauslese muss tragender Gedanke der Vergabe

13öffentlicher Posten sein. Hierzu ist eine grundsätzliche Pflicht zur Stellenausschreibung zu
14statuieren, deren Nichtbefolgung besonderer Rechtfertigung bedarf. Personalentscheidungen
15sind in einer überprüfbaren Weise festzuhalten. Neben dem Bewerber selbst ist auch einer
16verwaltungsinternen Revision eine Überprüfung zu ermöglichen. Fehlende Dokumentation
17begründet die Vermutung eines erheblichen Verfahrensfehlers. Gleiches gilt für
18nicht-dokumentierte Treffen von nicht verfahrensrechtlich vorgesehenen Findungskommissionen
19oder sonstigen Geheimtreffen. Dies gilt für alle staatlichen Stellen und solche, die vom Staat über
20Anteile oder Anteile an der Finanzierung beeinflusst werden.

21Kontrolle

22In (übergeordneten) Behörden bzw. bei den Aufsichtsbehörden sollen besondere Abteilungen für

23Korruption gebildet werden, sofern dies sinnvoll ist. Gleichzeitig ist auch bei den sonstigen
24Stellen die Sensibilität für Korruption zu erhöhen. Im Zweifel soll eine Meldung erfolgen. Es
25stehen klare Ansprechpartner bereit, um Hinweise, auch informell, entgegen zu nehmen. Dies
26betrifft sowohl externe Hinweise wie solche durch Bedienstete. Für Hinweisgeber ist ein
27verständlicher, rechtsicherer Rahmen zu schaffen. Geheimhaltungspflichten haben
28zurückzutreten, wenn die Schwere des Verstoßes das Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Bei
29geringfügigeren Verstößen sind der Dienstweg und der reguläre Weg der Aufsicht und eines
30Beschwerdeverfahrens einzuhalten. Bei schweren Verstößen ist der Hinweisgeber nicht
31verpflichtet, den Dienstweg einzuhalten, ehe er sich an einen solchen Ansprechpartner oder eine
32Abteilung für Korruption wendet.  

33Beamte unterstehe auch nach ihrer Versetzung in den Ruhestand einer besonderen Treuepflicht

34und Aufsicht. Nebentätigkeiten sind stets anzuzeigen. Dies gilt auch für Wahlbeamte, solange
35diese in den Genuss von Pensionsleistungen kommen.

36Begünstigende Verwaltungsakte werden i.d.R. nicht kontrolliert, es gibt keine Stelle, die dagegen

37Rechtsmittel einlegen könnte. Das hierin liegende Missbrauchsrisiko ist durch stichprobenartige
38Kontrollen durch eine verwaltungsinterne Revision zu minimieren. Hierbei sollten auch Verfahren
39zur Bestimmung von Anomalien Anwendung finden, auf deren Grundlage weitere Ermittlungen
40erfolgen können.

41Verstöße gegen die Aufsichtspflicht sind ihrerseits zu sanktionieren. Schweigespiralen und eine

42Kultur des Wegsehens müssen aufgebrochen werden. Insbesondere das unterlassene
43Nachgehen von Hinweisen und der Versuch der rechtswidrigen Gängelung von Hinweisgebern
44müssen sanktioniert werden.

45Wirtschaftlichkeitskontrolle

46Daneben ist staatliches Handeln im Blick auf seine Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der

47Kontrolle des Bundesrechnungshofes sowie der Landesrechnungshöfe unterstellt. Diese haben
48die Aufgabe, unsachgemäße Verwendung von Haushaltsmitteln aufzuklären und zu rügen. Da
49Korruption typischerweise auch finanzielle Schäden oder zumindest die Gefahr eines
50Vermögensschadens beinhaltet, spielen auch die Rechnungshöfe eine wichtige Rolle in der
51Korruptionsbekämpfung. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Rechnungshöfe liegt auf der
52objektiven Kontrolle von Mittelverwendungen.

53Lobbyismus

54Aufgabe der Politik ist die friedliche und konstruktive Lösung von Interessenskonflikten. Dazu

55gehört auch, dass Interessenvertreter die Möglichkeit erhalten, ihre Anliegen Politikern
56vorzutragen. Allerdings darf der organisatorisch im Vorteil befindliche Lobbyist nicht gegenüber
57den einzelnen Wählern einen entscheidenden Vorteil erhalten. Organisierte
58Interessenwahrnehmung ist daher zu reglementieren. Hierzu bedarf es eines öffentlich
59einsehbaren Lobbyregisters für alle staatlichen Stellen. Der Begriff des Lobbyisten umfasst dabei
60politisch neutral jeden, der nicht in seiner Eigenschaft als Privatperson, als Bürger, Zugang zur
61Politik sucht, insbesondere Vertreter von Unternehmen, Vereinen, Verbänden.

62Die Besuche von Lobbyisten im Bundestag und in den Ministerien und im Bundeskanzleramt

63werden registriert und in einem jährlichen Bericht veröffentlicht.

64Parlamentarische Abende und Empfänge, bei denen kein angemessenes Entgelt für den Verzehr

65von Essen und Getränken erhoben wird, sind gleich zu behandeln mit Geschenken.

66Karenzregelungen

67Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesminister und parlamentarische Staatssekretäre

68müssen nach ihrem Ausscheiden Tätigkeiten bei der Bundesregierung anzeigen und auf
69Verlangen Auskunft erteilen. Insoweit sind die beamtenrechtlichen Regelungen entsprechend zu
70übertragen. Für die Länder sind entsprechende Tätigkeiten anzustreben.

71Den beamtenrechtlichen Regelungen gemäß können Tätigkeiten untersagt werden, wenn diese

72die Interessen der Bundesrepublik gefährden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die unlautere
73Ausnutzung regierungsinternen Wissens zu befürchten ist, Amt und Tätigkeit in engem
74Zusammenhang stehen oder nach der Höhe der Bezahlung und dem Arbeitsaufwand zu
75erwarten ist, dass die Bezahlung nur durch die frühere Stellung des Amtsträgers bedingt ist
76(typische Fallgestaltung: "Beraterverträge"). Insbesondere regelmäßig unzulässig ist die
77Übernahme von Tätigkeiten in einer von einer fremden (nicht der EU zugehörigen) Macht
78kontrollierten Organisation. Zulässig ist im Regelfall dagegen die Wiederaufnahme einer vor dem
79Amt ausgeübten Tätigkeit.

80Die Möglichkeit der Untersagung entfällt im Falle des Bundespräsidenten und des

81Bundeskanzlers nach fünf Jahren, im Falle der Bundesminister und der parlamentarischen
82Staatssekretäre nach drei Jahren. Sie ist angemessen zu verlängern, wenn der Betroffene
83wegen eines Verstoßes gegen seine Anzeige- oder Auskunftspflicht sowie gegen eine
84ausgesprochene Untersagung sanktioniert wird. Absolute Höchstgrenze ist in diesem Falle zehn
85Jahre.

86Zuständig für die Einholung von Auskünften und die Aussprache einer Untersagung ist eine

87unabhängige Stelle, die aus Mitgliedern des Bundesrechnungshofes, mit Korruptionsbekämpfung
88befassten Beamten sowie gemäß §6c BMinG bestellten Mitgliedern besteht.

89Verstöße gegen die Anzeige- und Auskunftspflicht sowie gegen die Untersagung sind mit der

90Kürzung oder dem Verlust von Pensionsansprüchen zu ahnden, zudem kann ein Bußgeld
91verhängt werden.  

92Strafbarkeit klar fassen

93Der Tatbestand der Abgeordnetenbestechung schützt mit der Integrität der Volksvertreter einen

94Kern der demokratischen Legitimität. Seine bewusst enge Formulierung wird dem nicht gerecht.
95Der Begriff der Bestechung in §108 e StGB wird weiter gefasst. Bestraft wird auch, wenn die
96Gegenleistung sich auf eine bereits geschehene Tat bezieht. Dies führt zu einem
97wünschenswerten Gleichklang mit §§332, 334 StGB. 

98§108 e StGB wird umfassend erweitert.

  • 99Ausreichend ist ein Handeln bei Wahrnehmung oder zur Erlangung des Mandats
  • 100Es ist kein Handeln im Auftrag oder Weisung erforderlich. Ausreichend ist entsprechend
    101§332 StGB eine Ausübung des Mandats
  • 102Auch die Erlangung eines politischen Mandats oder einer Funktion oder einer Spende
    103kann Teil einer strafbaren Vereinbarung sein

104Angemessene Rechtsfolgen

105Korruptionsstraftaten erschüttern das allgemeine Rechtsbewusstsein in besonderer Weise. Ihre

106Sanktionierung darf nicht den Eindruck aufkommen lassen, Fehlverhalten werde als Bagatelle
107gesehen. Wer sich eines Korruptionsdelikts schuldig macht, ist für die weitere Ausübung
108hoheitlicher Befugnisse ungeeignet. Die §§24 BStG, 41 BBG sind dahingehend zu ändern, dass
109eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch wegen Bestechung zu erfolgen hat.

110Bisher kann eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis trotz einer Verurteilung wegen

111Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung und Bestechung nur im Wege eines Disziplinarverfahrens
112erfolgen. Vor allem aber kann ein solcher Täter bisher weiterhin öffentliche Ämter bekleiden.
113§358 StGB wird daher um diese drei Delikte erweitert.


Achtung: Die Darstellung des gezeigten Antrags erfolgt als reine Vorschau. Verbindlich ist der Antragstext im offiziellen Antragsbuch zum Digitaler Landeskongress am 26.-27. Februar 2021.